Ruth Linhart | Reisen | Fotos Marokko 2009


Bis zu den Dünen der Sahara, Marokko 2009

Inhalt Casablanca / Rabat Fès Erfoud Ouarzazate Ouarzazate und Fahrt nach Marrakèsch Marrakèsch Vallée de l´Ourika
Casablanca Meknes Fès Erfoud Ouarzazate Kasbahs Marrakèsch V. de l`Ourika

12.10. 2009, Vallée de l´Ourika

Tiefblauer Himmel, sattrosa Häuser, grüne Palmen, das ist Marrakesch. Ich stehe wieder früh auf, wir packen. Abschied von dieser Stadt, Abschied von Marokko.
Doch bevor wir nach Casablanca aufbrechen noch ein Ausflug in den Süden, Richtung Hoher Atlas. Der Besuch eines Marktes wird uns versprochen und eines Berberhauses mit Tee und frisch gebackenem Brot.
Es ist 9 Uhr und die Cafes sind voller Männer. Der Supermarkt gegenüber unserem Hotel war schon vor 9 Uhr offen. Auf der Avenue Mohammed V. europäische (oder amerikanische oder chinesische) Markengeschäfte, wie Zara. Überall elektronische Werbetafeln, aber auch traditionelle Werbeplakate.
"Frauen gehen nicht in Cafes, in denen Männer sitzen. Bei uns, wenn eine Frau im Cafe sitzt, heißt es, sie ist eine Prostituierte", vernehme ich Said. "Wenn eine Frau jeden Tag im Cafe sitzt, hat sie keine Chance , einen Mann zum Heiraten zu finden. Und die Jungen lassen ihnen keine Ruhe. Darum sind Frauen lieber zu Hause und reden über Männer, Kinder, Schmuck und Leben …"
Dann bereitet uns Said auf den Besuch des Marktes vor. Er wird von 5.30 früh bis 2 Uhr nachmittags abgehalten. "Frühmorgens kaufen die Händler die Tiere von den Bauern. Um 7 Uhr werden sie geschächtet. Um 8 Uhr kommt der Veterinär. Ab 8.30 Uhr können die Leute frisches Fleisch kaufen. Das Fleisch kostet 2 bis 3,5 Dirham pro Kilo."
Eselparkplatz
Nachdem wir noch einmal durch die schönen Straßen von Marrakesch gefahren sind, gleiten wir nun durch die südlichen Ausläufer der Stadt. "Die Gegend ist hier sehr teuer geworden. Hier sind Villen von Anwälten und Reichen. Auch viele Hotels sind hier." Wie Said sagt, möchte Marokko 2010 die Zahl von 10 Millionen Touristen erreichen. Marrakesch ist eine der Hauptattraktionen.
Wir fahren in Richtung Hoher Atlas. Zu Füßen der duftigen Wellen von Bergketten eine weite, grün bewachsene Ebene. Einer der Gipfel ist der Djebel Toubkal, der höchste Berg Marokkos.

Markt
In einer kleinen Stadt oder einem größeren Dorf lädt uns der Bus auf der Hauptstraße mitten im Ort aus. Viele Mopeds mit Lasten, auch mit Tieren beladen, kleine Lastwägen, Esel, einer transportiert einen Reiter samt Schaf, viele Fußgänger, vorwiegend männlichen Geschlechts.
Wir überqueren ein Rinnsal in einem Flussbett voller Geröll. Das ist anscheinend der Eselparkplatz für die Bauern, die ihre Waren zum Markt bringen. Am Markt führt uns Said als erstes in den Schlachthof, wo ich streike. Mitten auf dem Weg liegt auf dem Boden der blutige Kopf einer Schafs oder einer Ziege. Später erklärt man mir, dass das mit Absicht passiert. An den Augen erkennen die Kunden, ob das Tier erst vor kurzem geschlachtet wurde oder das Fleisch womöglich schon alt ist. Ich warte auf der Straße auf die Gruppe.
Badehütte
Auf dem Markt wird alles verkauft, was man sich nur vorstellen kann, nicht nur Fleisch, Obst und Gemüse, sondern auch alle Güter des täglichen Bedarfs, bis zu den geflochtenen Badehütten. Sie sind wabenförmig gebaut, etwa mannshoch, mit kleinem Eingang, durch den man offensichtlich in das Innere hineinkriechen muss.
Badehütte
Später in einem Berberhaus sehen wir solche eine Badehütte in Aktion. Sie wird außen und innen mit Lehm verkleidet und von unten beheizt. Interessant ist, dass in diesem Berberhaus nebenan eine moderne verflieste Dusche eingebaut ist. Von dem "Berberhaus", das offensichtlich für den Tourismus zur Verfügung gestellt wurde - die Familie wohnt in einem Haus nebenan - überblickt man das wunderschöne Tal, das sich in der Ferne zur Ebene von Marrakesch weitet und im Süden zu rot-grünen Hügeln ansteigt, die schließlich in graue Bergwände münden. Nach der Führung durch die Lehmarchitektur des Hauses sitzen wir in einem der Gästeräume des Etablissements auf Sofas an der Wand entlang. Eine junge Frau bereitet vor unseren Augen den Pfefferminztee. Basis ist grüner Tee, dessen zweiter Aufguss weg geschüttet wird.
Tee
Zum dritten Aufguss gibt die junge Frau die Pfefferminzblätter und außerdem große Mengen von Zuckerbruch. Dann hält sie die Kanne hoch und gießt die hellgrüne Flüssigkeit in einem dünnen langen Strahl in die Gläser. Der Tee schmeckt mild und köstlich. Die Hausfrau gibt uns ebenfalls die Ehre. Sie ist in ein prächtiges rot schimmerndes Gewand gekleidet und bringt Teller mit frisch gebackenem Fladenbrot, Honig und Olivenöl. Schließlich trägt eine weitere junge Frau einen kleinen Buben herein, es ist der Sohn der Teeköchin. Said will dem Baby einen 200 Dirham-Schein in die Hand drücken, aber das Kindchen will ihn nicht nehmen und verzieht das Gesicht zum Weinen. Ganz anders die kleine Prinzessin, die hereintanzt, sich zu der Gruppe gesellt und Süßigkeiten und Geldstücke erwartet. Ein besonders schönes Kind mit prächtigen Haaren und feinen Gesichtszügen.
Auf dem Weg zum Bus sprechen uns zwei halbwüchsige Burschen auf Französisch an. Das Übliche, woher wir kommen, wohin wir wollen. Sie bieten uns an, uns zu den "Cascades", den Wasserfällen in den Bergen zu bringen. Leider müssen wir ablehnen. Aber dann bekomme ich noch einen guten Tipp. Zu unliebsamen Händlern - hier werden vor allem billige Ketten angeboten - soll ich sagen "La shukran", das heißt "Nein danke". Und das funktioniert, wie ich im weiteren Verlauf des Tages feststelle. Auf "La shukran" treten die jungen Burschen zurück, die uns etwas andrehen wollen und lassen mit den erstaunten Worten "Vous parlez arabe" von uns ab.
Brücke
Villa
Noch ein bisschen weiter fahren wir gegen die Berge, in eine Schlucht mit rauschendem Bach, einer Mühle und Restaurants am anderen Ufer, zu denen schmale Schwindel erregende Hängebrücken führen. Said lässt uns hier bei einem Spaziergang etwas Bewegung machen, denn nach dem Essen liegt die lange Fahrt im Bus nach Casablanca vor uns. Von der Terrasse des Restaurants noch einmal ein herrlicher Blick. Die Ketten der hohen Berge im Talschluss blaugrau, davor steile rotgrüne Hänge - rot die Erde, grün der Bewuchs - und eine mit Zinnen bewehrte rosa Villa im marokkanischen Stil.
"Fast zweitausend Kilometer sind wir auf unserer Rundreise gefahren", sagt Said, als wir auf der Nationalstraße Richtung Flughafen von Casablanca brausen. Der Hohe Atlas, die roten Häuser von Marrakesch versinken hinter uns. Wir durchqueren eine braune Ebene mit abgeernteten Feldern.
Brücke
Vor uns fährt ein Lastwagen. Verschleierte Frauen, vielleicht Landarbeiterinnen, die von der Arbeit heimkehren, winken uns von der Ladefläche aus. Wieder ein unwirkliches schönes Abendrot. Dann wird es dunkel. Am Flughafen drückt Said jedem von uns die Hand und wünscht uns alles Gute. Unser Flugzeug fliegt kurz nach Mitternacht.

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Ruth Linhart | Reisen | Fotos Marokko 2009 Email: ruth.linhart@chello.at