Ruth Linhart | Reisen | Fotos Marokko 2009


Bis zu den Dünen der Sahara, Marokko 2009

Inhalt Casablanca / Rabat Meknes, Fès Fès Erfoud Ouarzazate Ouarzazate und Fahrt nach Marrakesch Marrakèsch Vallée de l´Ourika
Casablanca Meknes Fès Erfoud Ouarzazate Kasbahs Marrakèsch V. de l`Ourika

10. 10. 2009, Ouarzazate und Fahrt nach Marrakèsch

Das Hotel Hananae Club in Ouarzazate, einer Stadt, die 1928 als Garnison der französischen Fremdenlegion gegründet wurde, nennt sich "Hotel de Charme". Tatsächlich ist die Anlage, einer marokkanischen Burg nachgefühlt, romantisch. Den Abend beschließen wir im Freien beim Pool und bewundern Bäume, vielleicht sind es auch nur üppig auswuchernde Kletterpflanzen, die mit rosa Blütenglocken dicht übersät sind. Leider weiß niemand von uns, wie sie heißen. In unserem Zimmer gibt es wenig Licht und wenig Klopapier. Zum Glück habe ich im Koffer eines mit, denn sonst wäre ich in dieser Nacht in eine unaussprechliche Lage geraten. Der Durchfall, der schon etliche unserer Gruppe plagt, holt mich ein. Nur mit mehreren Imodium-Kapseln lässt er sich eindämmen. Heute reisen wir wieder im Bus, viele hunderte Kilometer!
Als wir gestern Abend noch vor das Tor unserer Anlage traten, waren wir enttäuscht. Stadt sahen wir keine, nur Busse. Die Fahrt aus der Stadt und die Lektüre des Reiseführers bestätigen, dass der Ort keinerlei Sehenswürdigkeiten besitzt.
Filmstudios bei Ouarzazate
Vor allem ist er bekannt, weil hier sehr viele Hollywood-Filme gedreht werden. Said sagt, dass die wilde Wüstenlandschaft seit 1960 in 200 Filmen vorkäme. In einem Reiseführer wird Ouarzazate "Klein-Hollywood" genannt. Ob Tibet oder Ägypten, "offenbar gebrauchen die Filmemacher Südmarokko quasi als Blaupause für jede Art von Landschaft, die man mit archaischer Einsamkeit und Weite assoziiert. Und weil das Tal des Dadès mit seiner Fruchtbarkeit entfernt an den Nil erinnert, wählt man es als Schauplatz für zahlreiche Bibelschinken …", lese ich. Nicht nur die Filmindustrie ist Arbeitgeber, auch der Tourismus hat in den letzten Jahren der Stadt Aufschwung gebracht, denn vom Verkehrsknotenpunkt Ouarzazate aus kann man den Süden Marokkos erkunden. Hauptattraktion in der Gegend um Ouarzazate ist aber sicher die Kasbah Ait Benhaddou, die als Weltkulturerbe gilt.
Die Kasbahs von Ait Benhaddou
Leider bin ich heute etwas benommen von den Ereignissen der Nacht und den vielen Tabletten, sodass ich den Ausflug in die berühmte Kasbah nicht ausreichend zu würdigen vermag. Unser Bus hält in einem schäbigen Ort, um zur Kasbah zu gelangen, müssen wir ein Rinnsal in einem breiten Flussbett überqueren. Die Burganlage ist wie alle Häuser hier aus Stampflehm erbaut, in den Maisstroh gemischt wird. Ait Benhaddou ist riesig und besteht aus mehreren ineinander verschachtelten Burgen. Die Kasbahs in Süd-Marokko sind Fluchtburgen und Sippenwohnung in einem und dienten als Refugium vor Angriffen rivalisierender Berberstämme oder Attacken von Nomaden. Heute haben sie diese historischen Funktionen verloren, und ich vermute, dass die fünf Berber-Familien, die laut Said noch in der Kasbah Ait Benhaddou wohnen, vom Staat für den Tourismus finanziert werden.
Schaf- und Ziegenstall
Eine dieser Familien besuchen wir. Im ebenerdigen Raum sind Ziegen und Schafe untergebracht, Schlaf- und Wohnräume sind in den oberen Stockwerken. Wir erfahren, dass viele Häuser in Marokko , so auch dieses hier, nach außen keine Fenster haben, um die Hitze abzuwehren.
Eukalyptusblütenl
Ich trotte der Gruppe nach und bemerkte einen Aufruhr, als Said sagt, dass wir zu Pfefferminztee eingeladen sind, und viele Gruppenmitglieder das ablehnen. Die Einsicht, dass es extrem unhöflich ist, der Einladung nicht nachzukommen, siegt, und wir sitzen im Gästeraum auf den Sitzbänken an den Wänden und erwarten geduldig unser Glas mit der picksüßen Flüssigkeit, gekocht von der unverschleierten und freundlich lächelnden Frau des Hauses. Said pflückt auf dem Rückweg zum Bus eine Eukalyptusblüte, die er durch die Reihen gehen lässt. Die Blüten sind gelb und duften stark.
Die Fahrt über den Hohen Atlas nach Marrakesch beginnt.

Tizi-n-Tichka
2260 Meter hoch ist der Pass Tizi-n-Tichka. Die bergige Landschaft, durch die wir gefahren sind und noch fahren, ist voll leuchtender Farben und beeindruckender Abstürze. Im Unterschied zu der gestrigen Reise sind die Berge hier bis zum Gipfel grün bewachsen. Dazwischen schimmert rote Erde. Wir fahren an Terrassen mit wunderbarem Fernblick vorbei und denken: "Wären wir alleine hier, würden wir sicher hier stoppen." Aber auch Said wählt für uns ein schönes Restaurant, und wir speisen auf einer Terrasse mit Sicht auf die weiten Täler und Berge, hinter denen wir, von uns aus gesehen im Norden, Marrakesch wissen, "die Perle des Südens".

Marrakesch liegt inmitten einer etwa 150 km2 großen Dattelpalmenoase in der fruchtbaren Haouz-Ebene vor dem Panorama des Hohen Atlas. Nach Fès ist Marrakesch die zweitälteste Königstadt. 1070 gründete die aus Mauretanien stammende Berber-Dynastie der Almoraviden als ihre neue Hauptstadt Marrakesch, auch unter der nachfolgenden Berber-Dynastie der Almohaden im 12. Jahrhundert bleibt Marrakesch Hauptstadt bis die Meriniden diese im 13. Jahrhundert nach Fès übersiedeln. Aber im 16. Jahrhundert unter der Herrschaft der Saadier, der ersten arabischen Dynastie, die Marokko regiert, wird Marrakesch nochmals Hauptstadt des Reiches. Gold- und Sklavenhandel mit Timbuktu und Westafrika bringen wirtschaftlichen Aufschwung, und Marrakesch wird zu einer prächtigen Metropole ausgebaut. Unter Moulay Ismael im 17 Jahrhundert wird dann Meknès Hauptstadt.
Heute ist Marrakesch, von dem sich der Staatsname Marokko ableitet "eine touristische Attraktion ersten Ranges".

Marrakesch
Und dann fahren wir schon in Marrakesch ein. Breite Straßen, Grünanlagen mit vielen Blumen, rosa Gebäude, das ist der der neue Stadtteil, Guéliz genannt. Wie wir es jetzt schon in mehreren Städten beobachtet haben, wurde er großräumig und prächtig von den Franzosen angelegt. Über die Avenue Mohammed V. geht es am berühmten Place Djamaa el-Fna und der Medina vorbei. Großartige Hotelanlagen begleiten uns bis zu unserem Hotel Diwane. Es liegt um eine Ecke der Avenue, in einer schmäleren Straße und ist ebenfalls ziemlich prächtig.
Hotelhalle in Marrakesch
Eine beeindruckende Eingangshalle lässt den Blick auf die oberen Stockwerke frei, von der Rezeption fällt der Blick auf einen Innenhof mit blühendem Oleander, Pool und Cafe. Unser Zimmer im fünften Stock schaut auf die Straße, aber es ist groß, mit gemütlichem marokkanischen Polstersofa und niedrigem runden Tisch, das Fenster ist zu öffnen und bleibt auch offen. Wir genießen die milde Luft, die hereinströmt. Die Betten sind blütenweiß, bügelfrisch überzogen und die besten aller Hotelbetten in Marokko.

Am frühen Abend liegt rosa Licht über der rosa Stadt. Wir treten vor das Hotel und tauchen in den städtischen Trubel ein. An der Ecke zur Avenue Mohammed V. hält gerade ein roter Sightseeing-Bus mit offenem Verdeck. Zu dumm, dass wir nicht einsteigen, denn nach dem Abendessen fährt der Bus nicht mehr. Statt dessen werfe ich die Postkarten in den gelben Briefkasten der marokkanischen Post und kaufe an einem Kiosk Zeitungen. Die Schlagzeile im "Figaro" "Prix Nobel des la paix la surprise Obama" und in der "Frankfurter Allgemeinen" "Nobelpreis für Literatur an Hertha Müller". Mit diesen Neuigkeiten setzen wir uns in eines der vielen Straßencafés. Auch einige andere Frauen beobachte ich hier, wenn auch die Männer in der Überzahl sind.

 |  Casablanca  |  Meknes  |  Fès  |  Erfoud  |  Ouarzazate  |  Kasbahs  |  Marrakèsch  |  V. de l`Ourika
Ruth Linhart | Reisen | Fotos Marokko 2009 Email: ruth.linhart@chello.at