Wenn erst Friede ist  © 2005

BRIEFE RUSSLAND I

Im Felde, 11. Februar 1942

Bild klickbar



Kommentar

Wir sind zirka 15 km vor und etwas nach links verschoben worden. Alles marschierte weg, nur ich allein mußte zurückbleiben bei der eisernen Verpflegung. Du muß Dir vorstellen, ein kleines russisches Dorf, im Umkreis von 5 km nichts als Schnee und in diesem Dorf ich allein mit dessen Zivilbevölkerung. In dem Haus, in welchem ich wohnte, hatte ich auch die Verpflegung und die gibt Anlaß, daß dasselbe immer von einer gewissen Anzahl von Leuten umschwärmt ist. Man kann sie halb erschlagen und sie werden sich immer wieder einfinden, um in einem unbewachten Augenblick doch etwas zu stehlen. Leider mußte ich in den zwei Tagen, wo ich allein war, auch einmal von meiner Waffe Gebrauch machen. Ich war sehr froh, als am zweiten Tag die versprochenen fünf Schlitten kamen und ich nun meiner Truppe nachfahren konnte. Aber auch das ist nicht einfach. Ohne Landkarte bestimmte Punkte zu erreichen, der viele Schnee, die große Kälte, die schlechten Schlitten und die hungrigen Pferde. Ich fahre meistens mit meinem Iwan, ein Militärflüchtling, der sehr rein und ein gescheiter Bursche ist, er kann sogar lesen und schreiben, das will etwas heißen.
Auf den weiten Strecken, welche wir immer zusammen fahren, sprechen wir sehr viel, und so kann ich schon eine ganze Menge Russisch, zumindest kann ich mich mit unseren Russenfahrern tadellos verständigen. Du könntest Dich natürlich viel besser und über ganz andere Dinge mit ihnen unterhalten.
Jetzt sind wir wieder in einem kleinen fast abgebrannten Dorf und die russische Artillerie wird jeden Tag schwächer. Vielleicht kommen wir doch noch dieses Jahr von diesem schrecklichen Land weg.


Ruth Linhart | Zeitgeschichte | Inhalt | Anmerkungen