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Ich war heute nachmittag bei dem
Frauenarzt Dr. Z. und bat ihn in meiner Sache um Rat. Er untersuchte mich und
sagte mir bezüglich meiner Konstitution dasselbe, was mir schon Dr. S. im
Jänner gesagt hat. Er meinte, ich müsse Geduld haben und warten, es
sei bei mir sonst alles in Ordnung. Wörtlich sagte er zu mir: "Ich kann
Ihnen gar nicht helfen, Ihnen kann nur Ihr Mann helfen. Hoffen wir, daß
er sobald als möglich für ganz nach Hause kommt, dann wird alles in
Ordnung gehen". Nun ja, dieser Rat ist ganz schön, was soll ich aber tun,
wenn Du mir nicht helfen kannst, weil Du nicht da bist? Ich habe nie gedacht,
daß ich um dieses Glück einmal so betteln würde und daß
es mir in meiner Ungeduld so fern und unerreichbar erscheinen würde wie
gegenwärtig. Heute habe ich im Büro wieder etwas gehört, was
mir doch ein bißchen Freude macht. Es soll doch die Aussicht bestehen,
daß die verheirateten Frauen, die schon länger im Haus sind und beim
Pensionsfonds (also unkündbar) sind, nach dem Krieg pensioniert werden
können. Das wäre doch ein sehr schöner Zuschuß zu unserem
Einkommen und ich könnte trotzdem zu Hause bleiben. Es wird jetzt sehr
rasch dunkel, ich sitze im Zimmer beim kleinen Tisch und habe die Lampe
angezündet, aber das Fenster ist noch offen. Draußen wird gerade
sehr laut ein Soldatenlied gesungen und zwar das, was ich am liebsten habe, das
vom Edelweiß. Als ich heute abend zu Deiner Mutter hinüberging,
fuhren auf der Wientalstraße sehr viele Autos mit Soldaten. Bei jedem
einzelnen, der hier vorüberfuhr, mußte ich bei mir denken, wer
weiß, wo der eine Frau oder eine Braut hat, die in diesem Augenblick
sehnsüchtig an ihn denkt, denn erst jetzt im Krieg kommt es wenigstens mir
so deutlich zum Bewußtsein, daß die gescheiteste und klügste
Frau sich allein nicht zu helfen weiß, wenn sie ein Kind haben will.
Auf dem Bild am Schreibtisch lachst Du so lieb zu mir, daß ich es gar
nicht glauben kann, daß Du noch so ein bißchen böse auf mich
bist. Wenn Du schreibst, daß Du immer enttäuscht bist, wenn Du
kommst und immer in mir einen anderen Menschen findest, als Du nach meinen
Briefen zu erwarten glaubst, so ist das schon ein Grund für mich, um mich
kränken zu müssen. Ich weiß ja auch gar nicht, wieso das kommt.
In meinen Briefen offenbare ich mich wahrscheinlich so, wie ich wirklich
innerlich bin. Wenn Du aber kommst, so sind dann immer so viele
äußerliche Nebenumstände, die mich und auch Dich ablenken, ich
muß ins Büro gehen, die dahineilenden Stunden machen uns
unwillkürlich nervös, das ist doch ein Unterschied gegenüber dem
Umstand, daß ich hier ungestört sitzen und mich mit Dir schriftlich
unterhalten kann. Du solltest auch ein bißchen Dein Herz
für mich sprechen lassen, wenn Du mich so streng beurteilst und daran
denken, daß ich meine Tage meistens in einer wahren Hetzjagd verbringe,
mit lauter Besorgungen und Wegen, mit lauter Korrespondenzen, mit dem
Haushaltsbuch-Führen, mit Bezahlen von Rechnungen und Erlagscheinen,
Pakete aufgeben usw.. Mein Leben ist ja gewiß auch nicht leicht und dann
weißt Du doch, daß ich Dir fast täglich schreibe. Aber ich bin
bestimmt der Überzeugung, daß Du das alles richtig einschätzest
und es macht mir gar nichts, wenn Du mich manchmal ein bißchen
schärfer kritisierst, das halte ich schon aus. |