BRIEFE RUSSLAND II
Wien, 4. Juni 1943 |
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Hier ist jetzt eine so
eigenartige Stimmung, es herrscht eine Stille wie vor dem Sturm. Was wird nur
die nächste Zukunft bringen? Ich bin momentan ganz erschöpft vor
lauter Nachdenken, Kombinieren, Schlüsseziehen und befinde mich so wie
alle Menschen zwischen Furcht und Hoffnung. Was wird uns der Herbst und der
Winter bringen? Wird heuer endlich eine Entscheidung sein oder muß ein
neues Jahr darüber vergehen? Ich denke sehr oft über frühere
Zeiten nach, wo Du noch zu Hause warst. Aber auch spätere Zeiten sind mir
noch in schöner Erinnerung, am liebsten noch die Zeit, da Du in Mistelbach
warst und ich Dich oft besuchen konnte. Heute erscheint mir diese Zeit vom
goldensten Licht verklärt, und ich sehe sie nur noch vom blauen Himmel
überwölbt in der Herbstsonne schimmern, da wir noch miteinander in
den Straßen spazierengehen konnten, an dem Platz mit den Ringelspielen
vorbei, oder selbst draußen bei der Kaserne, wo ich außerhalb des
Zaunes, dort, wo der Bach fließt, auf Dich gewartet habe und wir hinten
hinaus zu den Weingärten hinaufgingen |