Wenn erst Friede ist  © 2005

BRIEFE RUSSLAND II

Wien, 3. März 1943

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Kommentar

Du fragst, wie hier die Situation angesehen wird und was man hört und spricht. Nun, gesprochen wird sehr viel, wie Du Dir lebhaft vorstellen kannst, ich selber halte davon aber nicht viel. Es gibt Leute, die sich auf ein baldiges Kriegsende freuen. Nun, ich kann nicht recht daran glauben, aber vielleicht habe ich unrecht. Momentan stehen wir gewiß an einem Höhepunkt der Entwicklung, an der wirklich entscheidenden Stelle, jetzt wird sich bald zeigen müssen, in welche Richtung die künftige Entwicklung geht. Die Situation ist noch nicht reif zu einem Ende.
Minnie war gestern nicht im Kurs, ich kann mir nicht denken, weshalb. Dagegen war Herma dort, obwohl ich annahm, daß sie noch im Bett sein müßte, nachdem sie Sonntag noch 39° Fieber gehabt hat. Jedoch scheint es ein Nervenfieber gewesen zu sein. Obwohl Herma ja sehr verschlossen ist und überhaupt nichts darüber spricht, so sind wir doch dahintergekommen, daß immer dann ein kritischer Punkt kommt, wenn Hansl für kürzere oder längere Zeit nach Hause kommt.
Der Flieder treibt schon sehr stark aus, auch die Rosen setzen sehr viele Triebe an, die Tulpenzwiebeln, die ich im Herbst eingesetzt habe, kommen an zwei Stellen schon aus der Erde, alles wirkt schon frühlingshaft.


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