Ruth Linhart | Reisen | Texte Start Nepal 95 | Fotos

Das weisse Haus Gol Baithak

15.3.1995, in Wien


Heimweh nach Nepal
In Nepal, ich glaube in Nagarkot oder in Patan, haben wir einen sehr schönen großen schwarzweißen Schmetterling gesehen. Es hat geschneit, als wir in Wien gelandet sind. Gestern wachte ich zweimal auf und jedesmal war ich völlig verwirrt. Mir fiel ein, daß ich hier war und nicht dort. Kein Vorhang zurückschieben nach dem Aufstehen und kein Blick auf den blühenden Birnbaum, keine leisen Stimmen der Wächter in der Nacht, die uns bewachen.
Es war ein Verlustgefühl, tat sehr weh, aber ich muß mich damit abfinden. Ich kann nicht dorthin zurück, jetzt nicht. Für dieses Mal ist Kathmandu für uns vorbei. Wer weiß, wann ich wieder etwas über Nepal erfahre.
Als ich Hans erzählte, über meine Traurigkeit, stürzte es auf mich richtig ein, wie sehr ich damals, 1958, Heimweh nach Nepal hatte. Wieviel mehr nach dem halben Jahr der Sorglosigkeit und Freizeit und in dem kalten herbstlichen Innsbruck mit der schweren Prüfung in der Schule und dem familiären Chaos. Muß ich damals traurig gewesen sein! Und ich mußte das ganz allein durchstehen. Ich weinte fest, mehr, als über den Abschied jetzt, weil ich damals so arm war. Ich erinnerte mich, wie ich mich eines Tages entschloß, die Erinnnerung an Nepal mit aller Kraft wegzuschieben, weil ich sie nicht aushielt.
Es war etwas, das ich gar nicht eingeplant hatte, diese Wiederholung in homöopathischer Form des damaligen Trennungsschocks von Nepal.
Ich habe mit Hans darüber gesprochen, daß wir das nächste Mal etwas länger fahren und dann auch nach Pokhara und Lumbini und Janakpur und Lhasa und Varanasi und Neu Delhi. Von Kathmandu aus steht uns alles offen.

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